Kunming, die Stadt des Frühlings, der Ort, an dem viele Chinesen Urlaub machen, sollte nun für das kommende Jahr unser neues zu Hause werden. Ich war gespannt, ob die Stadt so viel Erholung und kulturelle Vielfalt zu bieten hatte, wie gesagt wird und so viel kann ich schon einmal verraten: Ich fühle mich hier pudelwohl!
Um die Atmosphäre in einem Wort beschreiben zu können, muss ich mal wieder in meinen chinesischen Wortschatz greifen, denn 凉快 (Liang kuai= angenehm kühl) trifft es einfach perfekt! Man läuft hier durch die Straßen, die ungewöhnlich grün sind für eine so große Stadt, der Duft von Essensständen, satten grünen Bäumen und ab und an die Süße von Früchten und Blüten steigt einem in die Nase, man hört aus den umliegenden Parks Musik erklingen und ein angenehmes Lüftchen sorgt dafür, dass einem nicht zu warm und nicht zu kalt ist: angenehm kühl, liang kuai, eben! Nach der Hitze in Peking war das umso angenehmer und zu keinem Zeitpunkt war ich zufriedener darüber mich gegen ein Studium in Peking und für ein Studium in Kunming entschieden zu haben. Man fühlt sich hier wie im Urlaub und ich kann immer noch nicht realisieren, dass für mich dieses Jahr der Winter ausfallen wird und ich stattdessen dieses traumhafte Wetter hier genießen darf.
In den ersten Tagen beschäftigten wir uns viel mit Organisatorischem, schließlich musste eine Wohnung her und auch so alltägliche Dinge wie der Kauf einer chinesischen SIM-Karte benötigte einfach mehr Zeit, weil wir alles auf Chinesisch regeln mussten. Hier spricht niemand Englisch und auch Westler sind hier kaum anzutreffen. Das war ein weiterer Punkt, wieso ich mich für diese Stadt, weit abseits der Metropolen an der Ostküste, entschieden hatte. Wer Chinesisch lernen möchte, muss es sprechen und das tut man eben nicht, wenn um einen herum jeder Englisch spricht! (Natürlich entstanden dabei ein paar witzige Geschichten, die ich aber in einem separaten Beitrag zum Besten geben werde.)
Trotz der zeitaufwändigen Wohnungssuche fanden wir selbstverständlich auch Zeit uns Kunming ein bisschen anzuschauen und so verschlug es uns zum Green Lake und den angrenzenden Park, der direkt an unserer Universität grenzt und der ein bisschen das Zentrum der Stadt bildet. Obwohl es ein Montagnachmittag war, war der Park gut besucht und aus jeder Ecke drang verschiedene Musik. Hier kommen die Menschen zusammen, um gemeinsam zu tanzen, Musik zu machen und zu singen. Ein paar kleine Bands gaben Konzerte und selbst die älteren Herrschaften luden uns freudestrahlend und voller Elan dazu ein ihrem Tanzkreis beizutreten. Hier war wieder der angenehme Teil von 热闹 zu finden, den wir in Peking entdecken durften und den die Chinesen so sehr mögen und leben. Von so viel Lebensfreude konnte man einfach nur begeistert sein und ich beschloss früher oder später dort ein paar Tanzschritte zu lernen.
Besonders interessant war eine Gruppe, die eine sehr farbenfrohe und auffällige Tracht trug und eine ganz besondere Art von Volkstanz aufführte. (Leider habe ich von ihnen kein Bild machen können.) Der unterschiedliche kulturelle Einfluss der Minderheiten wurde mir hier das erste mal seit unserer Ankunft richtig bewusst und ich empfand ihn als sehr angenehm. In der Provinz Yunnan leben nämlich 24 der 55 Minderheiten Chinas und ist somit die kulturell vielseitigste Region Chinas. Mit den genauen Besonderheiten hinsichtlich Bräuchen, Sitten, Feiertagen und Essen der einzelnen Volksgruppen habe ich mich noch nicht genau beschäftigt, werde im Laufe des Jahres aber sicherlich noch viel darüber erfahren.
Der Park hatte außerdem einen wunderschönen Seerosengarten, Bananenpalmen, Bambuswälder, Karpfenteiche und viele schattige Orte, an denen man ausspannen konnte und ein bisschen Ruhe von dem musikalischen Tumult fand. Sehr auffällig in China sind die vielen Sonnenschirme, die man überall sieht, denn egal wie strahlend die Sonne doch schien, eins wollen die Chinesen auf keinen Fall: braun werden. Wer etwas von sich hält schütz die edle Blässe vor den Sonnenstrahlen. Wir hingegen genossen das gute Wetter in vollen Zügen und ich holte mir natürlich sofort einen Sonnenbrand auf der Nase.
Deswegen gibt es jetzt erstmal eine Ladung After-Sun für mich und dann lassen wir den schönen Tag mit einem Bier auf der Terrasse des Hostels noch ausklingen. Ich genieße die ersten Tage hier in vollen Zügen und bin gespannt auf weitere Geschichten, die diese tolle Stadt zu bieten hat.