Lebt man eine Zeit in China und befasst sich genauer mit der chinesischen Kultur, merkt man schnell: China ist nicht gleich China. Insgesamt leben in diesem Land 56 verschiedene Minzu (民族), 25 davon allein in Yunnan. Minzu hat im Deutschen gleich mehrere Bedeutungen wie beispielsweise Ethnie, Nation, Volk, Nationalität, Volksgruppe oder ethnische Gruppe. Die Größte Minzu mit rund 90% der chinesischen Bevölkerung stellen die Han-Chinesen dar. Da die anderen Minzu die Minderheit der Bevölkerung darstellt, werden diese auch oftmals als Minderheitsgruppen betitelt. Mit dieser Reihe an Beiträgen möchte ich die verschienden Minderheiten vorstellen, die ich auf meinen Reisen besuchen werde.

Der Lugu-See ist die Heimat vieler Mosuo, eine Volksgruppe die auf eine Größe von ca. 40.000 Menschen geschätzt wird. Auch wenn heutzutage viele Mosuo in Städten oder vom Tourismus leben, ist die traditionelle Einnahmequelle die Landwirtschaft. Außerdem sind sie weltweit die letzte matriarchalische Gesellschaft. Dies bedeutet, dass hier die Frauen das Sagen in der Familie haben. Sie tragen nicht nur die Hauptlast der landwirtschaftlichen und häuslichen Arbeit, sondern haben auch einen höheren Status in ihrer Gesellschaft als Männer, haben leichteren Zugang zu Führungsrollen. Männer sind lediglich für die schwerere Arbeit, wie der Versorgung des Großviehs oder für das Fischen verantwortlich.
Besonders bekannt sind die Mosuo durch die sogenannte „Wanderhochzeit“ (走婚). Hier heiratet ein Paar ohne Eingreifen oder Bestimmung Dritter. Allerdings leben die Verheirateten tagsüber nicht zusammen, leben in getrennten Haushalten und sehen sich nur nachts. Meist ist nicht einmal bekannt, wer mit wem verheiratet ist. Auch kann eine Ehe von Seiten der Frau relativ leicht aufgelöst werden. Der Überzeugung der Mosuo nach zu urteilen, leben Menschen am besten mit denjenigen zusammen, die sie von Geburt an kennen und mit denen sie über die untrennbare mütterliche Blutsbande verbunden sind. Der Vater gilt in dieser Gesellschaftsform als austauschbar, während die Mutter einem Kind vom Schicksal zugeteilt wird. Väter haben hier auch keine Unterhaltspflicht, die Kinder werden von ihren Onkeln und Cousins erzogen, wissen meistens nicht einmal wer ihr Vater ist. Eine traditionelle Hochzeit ist in dieser Volksgruppe zwar bekannt, aber nicht gerne gesehen.
Die Mosuo leben nach dem Dabaismus, einer sehr kleinen Religion, über die ich leider nicht sehr viel herausfinden konnte. Durch den tibetischen Einfluss während der Yuan Dynastie wurde allerdings auch der tibetische Buddhismus in dieser Volksgruppe etabliert.

Ein wichtiger Feiertag der Mosuo ist der 15.Juli jeden Jahres, an dem sie das „Berg-Umrundungs-Fest“ und das „See-Umrundungs-Fest“ feiern. Es ist der glücklichste Tag im Jahr und außerdem auch der Valentinstag der Mosuo.
Leider habe ich in meiner kurzen Zeit am Lugu-See nur einen sehr kleinen Einblick in das Leben der Mosuo bekommen können. Nichtsdestotrotz finde ich die Bräuche und Sitten dieser Volksgruppe ziemlich interessant und hoffe, dass ich auf meiner nächsten Reise in diese Region noch mehr erfahren werde und diesen Beitrag erweitern kann.
Ich hoffe, dass Euch dieser kleine Beitrag zur chinesischen Kultur gefallen hat und ihr an weiteren Beiträgen dieser Reihe interessiert seid, schließlich kann es ja nicht immer nur ums Reisen gehen.