Dieses Wochenende führte mich mein Wochenendausflug zum Lugu-See (泸沽湖), dessen Mitte die Grenze zwischen den Provinzen Yunnan und Sichuan markiert. Im Volksmund ist der Lugu-See auch als der „Muttersee“ bekannt, er ist der Heimatort vieler chinesischer Minderheiten, der Heimatort der letzten matriarchalen Gesellschaft der Welt. (Zum Beitrag über die Mosuo kommst Du hier . Eine Reise zum Lugu-See versprach also nicht nur eine grandiose Natur, sondern auch kulturelle Vielfalt, weshalb meine Neugierde umso größer war, diesen Ort einmal zu besuchen.
Die Reise in diese sehr ländliche Gegend gestaltete sich dann leider etwas komplizierter, als zuvor angenommen. Zunächst nahm ich einen Nachtzug von Kunming (昆明) nach Xichang (西昌), der mich nicht nur 9 Stunden, sondern auch einige Nerven kostete. (Was ich dort erleben durfte ist aber wohl genug Stoff für einen eigenen Beitrag). Dort wartete schon meine Freundin Julia auf mich, die aus Chengdu kam. Zusammen stiegen wir dann in den ersten und einzigen Bus des Tages, der um 8:50 Xichang verlässt und laut Plan weitere 6 Stunden benötigt, um sich den Weg durch die ländlichen Serpentinen zu bahnen. Die Realität sah aber leider etwas anders aus: nach mehr als 7 Stunden mussten wir mitten auf der Straße in Autos umsteigen, die uns dann endlich zu unserer Unterkunft in Lige brachte. Insgesamt hat die Hinreise dann schlappe 24 Stunden gedauert und dementsprechend müde waren wir auch.
Als wir allerdings den ersten Ausblick auf den See erhaschten, war diese Müdigkeit wie weggeblasen. Man merkt, dass es sich beim Lugu See und Umgebung um einen Nationalpark handelt, die Natur hier gepflegt und sauber gehalten wird: ein so blaues und klares Wasser hätte ich überall erwartet, aber nicht in China! Dafür gibt es aber auch ein paar Regeln: Schwimmen ist beispielsweise verboten. Sieht man aber einmal dieses saubere, klare, türkise Wasser und stellt sich die vielen Touristen vor, die dort jährlich plantschen würden, dann weiß man, dass es so wohl besser ist.
Vor Abreise hatten wir uns schon ein Hostel in Lige (里格) gebucht, ein kleiner Ort im Norden des Sees, der in der schönsten aller Buchten liegen soll. Dies kann ich nur bestätigen, der Ausblick ist einfach fantastisch. Zwar ist die Anbindung in den Norden eher spärlich, doch grade in der Nebensaison findet man immer einen bereitwilligen Fahrer, der sich gerne etwas Geld dazu verdienen möchte.
Besucht man den Lugu-See, möchte man natürlich so viel wie möglich von ihm und seiner umgebenden Natur sehen. Dies geht am besten mit dem Fahrrad. Zwar kann man sich auch ein Auto mieten, doch da das Wetter klasse war und wir mehrere Berichte darüber gelesen hatten, dass die Runde um den See locker an einem Tag zu bewältigen sei, mieteten wir uns für jeweils 30 Yuan Drahtesel. Leider hatten wir uns dann aber doch in unserer Sportlichkeit überschätzt. Grade in Lige ist die Straße sehr hügelig und kurvig, befindet sich in knapp 2800 Metern Höhe und so kämpft man als unerfahrener Radler doch schnell mit der Sauerstoffversorgung. Immerhin schafften wir die 25 km bis in die Bucht Caohai (草海), die am Eingang des Nationalparks liegt. Was soll ich sagen? Man kann sich schlecht seit Zwölf Jahren vor dem Fahrradfahren drücken und dann davon ausgehen die knapp 70 km Strecke um den See mal eben so zu radeln. Trotzdem haben wir auf dem Weg einige Eindrücke aufnehmen können und da die anderen Touristen für so sportliche Betätigungen wie eine Radtour zu faul sind, hatten wir den See und die Aussicht die meiste Zeit für uns alleine.
Neben dem grandiosen Ausblick auf das Wasser, wurde der Weg immer wieder von bunten buddhistischen Fahnen geziert, die Nähe Tibets und sein Einfluss ist hier sehr stark zu spüren. Immer wieder machten wir Halt, um diese wunderschönen Szenen einzufangen. Durchfuhr man eines der kleinen Dörfer, konnte man die Bewohner immer mal wieder dabei beobachten, wie sie in der Sonne lagen, das Wetter genossen oder auf den Straßen saßen und Karten spielten. Generell war die Atmosphäre am gesamten See sehr ruhig, sehr entspannt. Es ist der perfekte Ort, um sich zu erden, um einmal abzuschalten, um einmal zu entspannen.
Eine weitere Möglichkeit den Lugu-See zu erkunden bietet eine Schiffsfahrt. Da wir durch die unerwartet lange An- und Abreise leider nur einen ganzen Tag vor Ort hatten, entschlossen wir uns am späten Nachmittag wenigstens eine kleine Tour zu buchen. Wenn einem mehr Zeit zur Verfügung steht, empfehle ich allerdings eine halbtägige Tour zu buchen, um noch die 5 Inseln des Sees zu besuchen. Auch ist zu empfehlen etwas mehr Geld zu investieren, sodass man alleine fahren kann. Denn wenn man zu ca. 15 anderen chinesischen Touristen in die kleinen Boote steigt, verliert das ganze etwas an Charme.
Insgesamt muss ich sagen, dass mir der Lugu-See sehr gut gefallen hat und ich immer wieder dorthin zurück kommen würde! Die Jahreszeit schien mir perfekt für eine Reise zu sein, da es tagsüber in der Sonne wirklich sehr schön warm war, es an anderen Touristen aber wirklich fehlte. Der Anzahl der Gasthäuser nach zu urteilen kann es aber auch hier im Sommer und zu den Hauptreisezeiten unglaublich voll werden. Habt also keine Angst vor den kalten Nächten im Dezember und reist außerhalb der Hauptsaison! Schließlich gibt es Heizdecken und eines kann ich euch versprechen: wenn ich nicht gefroren habe, dann werdet ihr das auch nicht tun!
Julia hat ein kleines Video von unserem Trip gedreht. Wenn Euch das interessiert, klickt einfach hier.