Für mich sind mit dem April auch die letzten drei Monate in China angebrochen – kann man fassen wie schnell die Zeit verfliegt? Und da ich von Yunnan noch gar nicht so viel gesehen habe und wir ein paar Tage frei hatten, nutzen wir diese ganz spontan für eine kleine Reise durch den Süden der Provinz. Auch die meisten Chinesen hatten Urlaub und dementsprechend voll waren die Bus- und Bahnhöfe, sodass wir erst am Ticket Schalter endgültig wussten wohin die Reise gehen sollte: Jianshui (建水).
Ich hatte von der relativ kleinen Stadt südlich von Kunming noch nichts gehört und so auch keinen blassen Schimmer, was uns erwarten würde. Mit einem so spontanen Trip kann man entweder großes Glück oder großes Pech haben, doch schon kurz nachdem wir den Bus verlassen hatten stellte ich fest, dass es ein Glücksgriff war! Die Stadt ist sehr überschaubar und ruhig und nicht zuletzt an ihrer authentischen, sehr verwinkelten Altstadt merkt man, dass dieser Ort vom Massentourismus bis jetzt verschont geblieben ist.
Dementsprechend wenige Unterkünfte bietet die Stadt allerdings auch. Doch im Zeitalter des Internets und Dank der Hilfsbereitschaft vieler Einheimischen fanden wir doch relativ schnell ein Hostel. Wenn man kein Chinesisch spricht und sich Jianshui auf seiner Reise anschauen möchte, empfiehlt es sich auf jeden Fall im Vorfeld auf einer der vielen Buchungsplattformen eine für Ausländer geeignete Unterkunft zu suchen. (In vielen ist es nur Gästen mit chinesischem Pass erlaubt unterzukommen).
Neben der wunderschönen Altstadt im Süden der Stadt, befinden sich ein paar Sehenswürdigkeiten etwas außerhalb. Es lohnt sich hier auf jeden Fall einen Fahrer zu buchen, der bei jedem Halt auf einen wartet, denn der laue Tourismus ist besonders deutlich an den Preisen der Taxi zu spüren. Wir zahlten beispielsweise nur 40 Yuan und wurden dafür zu zwei Sehenswürdigkeiten und zurück in die Stadt gebracht.
Auf diese Weise besichtigten wir die doppelte Drachenbrücke, die westlich der Stadt liegt. Wenn man mehr Zeit zur Verfügung hat als wir, kann man zu dieser auch mit einer Dampflok fahren und die umliegende Natur genießen. Eine Fahrt mit dem Taxi dorthin tut es allerdings auch! Die Brücke wurden während der Qing Dynastie um das Jahr 1800 errichtet und zählt zu einer der wenigen noch vorhandenen Brücken, die nach dem traditionellen chinesischen System des Brückenbaues errichtet wurde.
Eine weitere Attraktion ist der große Brunnen. Dieser befand sich ganz versteckt inzwischen kleiner verwinkelter Gassen. Hier sammelten ein paar Chinesen eifrig Wasser aus seinem Inneren, denn der Beschreibung nach zu urteilen, soll dieses eine heilende Wirkung haben. Ich habe es nicht ausprobiert, denn egal wie sehr ich es mag unvoreingenommen auf Menschen zu treffen und ihre Traditionen und Bräuche zu beobachten: ich trinke kein Wasser aus einem Loch Mitten in China!
Besonders sehenswert ist der Konfuzius Tempel der Stadt. Kaum zu glauben aber wahr: der im Jahr 1285 errichtete Tempel ist der zweitgrößte Konfuzius Tempel Chinas! An seinem Fuße liegt ein wunderschöner großer See, auf dem bald die ersten Seerosen blühen sollten. Am Eingang findet man eine Statue Konfuzius, an welcher man mit einer Gabe in Form von Blumen eben diesen ehren kann. Für mich war es nach dem Tempel in Shaxi einer der schönsten, die ich bis jetzt besucht habe.
Die Altstadt, die von vier Toren in jeder Himmelsrichtung eingekreist ist, kann man dann ganz angenehm zu Fuß erkunden. Hier liegt überall der Geruch von gegrilltem Tofu in der Luft: eine Spezialität der Stadt, die ich sehr gerne beim Mittagessen probierte und begeistert fest stellen durfte, dass dieser geschmacklich nicht viel mit dem oft faden Tofu aus Deutschlands Supermärkten gemein hat. Er ist bissfest und sehr rauchig im Geschmack, bekommt durch die dazu gereichten scharfe Soße außerdem noch etwas mehr Pepp.
Bei unserer kleinen Erkundungstour entdeckten wir außerdem etwas versteckt in einer Seitenstraße den Eingang zu einem Markt und da mich besonders außergewöhnliche Gemüse- und Reis Sorten, sowie lokale Gewürze interessieren, schauten wir uns auch diesen näher an.
Leider fand ich dort dann aber auch noch etwas ganz anderes. Einmal falsch abgebogen stand ich plötzlich in Mitten unzähliger Käfige, die bis oben hin mit allen möglichen Tieren vollgestopft waren. Ja, das Wort passt hier gut, denn keines der Tiere hatte genug Platz, um sich zu bewegen. Der Anblick erinnerte mich stark an heimlich gefilmte Aufnahmen aus Legebatterien oder anderen Betrieben mit „intensiver Tierhaltung“. Die meisten Tiere wurden hier lebendig verkauft und dann in den Heimen der Käufer zu was auch immer weiter verarbeitet, doch ein paar wurden auch vor Ort geschlachtet. Das bemerkte ich aber erst, als neben mir mit voller Wucht eine Hand voll Enten zum Ausbluten in ein Becken voll mit Wasser geworfen wurde. Darauf war ich nicht vorbereitet gewesen und schaute deshalb, dass ich diesen Ort baldmöglichst verlassen würde. Auf dem Weg zum vermeintlichen Ausgang sah ich dann aber das, was mir in China bisher glücklicherweise erspart geblieben war: ein Käfig voller Hunde. Als mich ihre leidenden Augen zwischen den Gitterstäben anschauten, gab mir das in dem Zeitpunkt wirklich den Rest. Es wäre naiv zu glauben, dass diese Hunde dort nicht auf dem Teller landen würden, denn an diesem Ort wurde Essen und keine Haustiere verkauft! Außerdem schaffte ich es nicht schnell genug von diesem Ort weg zu kommen, ohne ein lautes Jaulen zu hören, das keinen Raum für Interpretationen ließ, um was es sich dabei gehandelt hatte.
Ich gebe zu, dass mich der Anblick der Hunde und der Gedanke daran, dass diese doch wirklich gegessen werden, in diesem Zeitpunkt dort auf dem Markt mehr erschüttert hat, als der Anblick all der anderen Tiere. Doch betrachte ich es jetzt mit räumlichem und zeitlichem Abstand, frage ich mich, wo genau die Grenze des unethischen Fleischkonsums gezogen werden kann. Für mich ist es generell unethisch Tiere zum Zwecke unseren Genusses auf eine solche Weise leiden zu lassen und verzichte deswegen auf den Konsum von Fleisch und Fisch. Dass uns der Gedanke an den Verzehr eines Hundes anwidert liegt ganz einfach an unserer Erziehung, macht ihn aber nicht grausamer, als den Verzehr einer Kuh, der wiederum in Indien als Sünde angesehen wird. Vielleicht sollten wir uns also alle einmal fragen, wieso es schlimm ist einen Hund zu essen, aber als völlig in Ordnung angesehen wird sich ein Rinder Steak im Restaurant zu gönnen.
Ich möchte hiermit niemanden missionieren oder dafür verurteilen, dass er Fleisch isst: jeder Mensch soll so leben, wie er es möchte, soll das essen, was er möchte! Doch, wenn dich diese Bilder hier erschüttern und bewegen, dann denke doch noch einmal an sie, bevor du deine nächste Currywurst, deinen nächsten Burger oder deinen nächsten Hühnerschenkel isst, denn wirklich besser sieht die herkömmliche Tierhaltung in Europa auch nicht aus.
Wenn man durch ein fremdes Land reist, trifft man eben nicht nur auf schöne Dinge und es hätte mich schon etwas gewundert mit diesem Thema in einem Jahr so gar nicht in Berührung zu kommen. Eine Seite Chinas, die mir leider gar nicht gefällt! Doch trotzdem fand ich Jianshui sehr schön und würde es als Zwischenstopp einer Reise durch Yunnan empfehlen. Es ist eine fast unberührte Stadt, in der man neben viel Kultur auch einen guten Einblick in das alltägliche Leben der chinesischen Bevölkerung einer Kleinstadt bekommt. Wenn du diesen Einblick auf deiner Chinareise suchst, kannst du Jianshui ganz leicht mit dem Bus oder der Bahn vom Südbahnhof Kunmings in ca. 4 Stunden erreichen.
Besonders durch den ruhigen Tourismus ist es empfehlenswert Jianshui in den nächsten Jahren einen Besuch abzustatten: in China verändert sich alles so schnell!
Danke für den Blogeintrag, der mich sehr zum Nachdenken angeregt hat!
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Meine liebe Caro, ich danke Dir sehr für diesen Bericht, für Deine Offenheit ,, einfach , so ,wie Du bist.. Wir haben inzwischen wieder einen frohen Famiientag in Bad Münster a Stein erlebt und grüssen Dich alle sehr herzlich, Alle , auch Yvonne u Dieter und Deine Oma Marga
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Hallo liebe Oma,
es freut mich sehr, dass du meine Einträge immer mit verfolgst und dass sie dir gefallen. Danke für die lieben Grüße und schade, dass ich nicht dabei sein konnte. Bei dem nächsten Familientag bin ich dann wieder in eurer Mitte. Bis dahin ganz liebe Grüße an alle zurück 🙂
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